Warum die BILD am Sonntag als Zeitu.. äh als Tierarzttester nicht taugt
Wer nur an Magnis Heilungsfortgang interessiert ist, darf diesen Eintrag überblättern.
Als ich so durch die Foren geisterte um zu gucken wo ich die Gerüchte um veraltetes Verbandsmaterial, Sparen am falschen Ende und unzureichende analgetische Medikation noch widerlegen muss stieß ich auf einen Thread zu einem älteren Bild "Artikel", der viele Tierhalter wohl sehr nachhaltig verunsichert hat.
In diesem "Artikel" testet die Bild am Sonntag verschiedene Tierarztpraxen und erläutert auf den ersten Blick sogar verhältnismäßig schlüssig, welch Abzocke normal sei bei Tierärzten.
Während fachkundige und Leser mit einer gewissen Medienkompetenz ziemlich schnell von selbst drauf kommen, dass BILD sich in diesem "Artikel" nur einmal mehr als seriöse Informationsquelle disqualifiziert bleiben viele Andere äußerst verunsichert zurück. Da ich einen sehr direkten Zusammenhang dazu sah, dass jemand Fachfremdes, der nur ein Foto von Magnis Verletzung im Internet sieht sich anmaßt, das eh besser als Magnis Tierärzte zu wissen und mir ohne Rückfrage aufoktroyiern möchte ich möge doch die Empfehlung sich bei solchen Verletzungen stets gut mit einem Tierarzt abzusprechen gegen den fachlich in fataler Weise falschen Ratschlag "solche Wunden" mit Hydrokolloidauflagen zu behandeln ersetzen, entschied ich mich den Artikel mal unter die Lupe zu nehmen und zu kommentieren. Nachdem ich das getan hatte erreichten mich mehrere Mails die mich baten/mir vorschlugen meine Anmerkungen doch hier aufs Blog zu stellen, auch damit man sie leichter in Foren in denen dieser Artikel noch heute diskutiert wird verlinken kann. Diesem Wunsch möchte ich hiermit entsprechen:
Klarstellen möchte ich zu Beginn 2 Dinge:
- Ja, ich tue das auch um eine Lanze für meine Zunft zu brechen
- Nein, ich streite weder ab, dass es sehr schlechte Tierärzte gibt die aus Inkompetenz, Profitgier oder Bequemlichkeit falsch handeln, mit zum Teil fatalen Folgen für die Finanzen des Halters bzw die Gesundheit des Tieres.
Ich möchte lediglich mal die glasklaren Falschaussagen dieses "Artikels" richtig stellen, Recherchedefizite aufzeigen und die mögliche andere Seite der Medaille ins Spiel bringen. Über die tatsächliche Qualität und Motivation
der aufgesuchten Tierärzte kann ich anhand der spärlichen informationen keine Aussage treffen.
Zitate aus dem oben verlinkten Artikel schreib ich hier in blau und kursiv.
Aus Sicht der journalistischen
Qualitätssicherung und Fairness ist der Artikel eine Katastrophe.
Recherchiert
wurde überhaupt nicht und auf Quellenangaben wird verzichtet, das wird schon am Anfang deutlich:
Grundlage ist die Gebührenordnung für Tierärzte, aber: Jede Leistung kann mit dem Ein- bis Dreifachen des jeweiligen Gebührensatzes berechnet werden. Das bedeutet: Eine Kastration kann zwischen 51,54 und 154,62 Euro kosten.
Leider wird hier nicht differenziert. Die BILD suggeriert
hier, dass eine Kastration den Tierhalter je nach dem wie der
Tierarzt grade Lust zum Abrechen hatte 51,54€-154,62 kosten kann.
Das stimmt so aber nicht. Leider gibt BILD keine
Quelle an, die muss man selbst kennen oder suchen:
BILD hat hier einfach mal ins Blaue den GOT Posten G 5.4 b (Kastration
einer weiblichen Katze) gegriffen und die Sätze abgeschrieben. So
funktioniert die Rechnungstellung nach GOT aber nicht.
Die GOT ist
ein Baukastensystem, welches die unterschiedlichen Leistungen aufzählt. Die
Rechnung setzt sich dann aus diesen Leistungen und den Preisen für
angewendtes und abgegebene Medikamente und Verbrauchsmaterialien
zusammen. Bei einer Kastration sind das z.B.
Leistungen:
- Allgemeinuntersuchung
- ggf das Legen eines Venenkatheters
- Applikation/Durchführung der Narkose
- ggf besondere Überwachungstätigkeiten während der Narkose
- die Kastration an sich (vorsicht, bei Hunden wird in der Regel statt einer Kastration eine Ovariohysterektomie durchgeführt und abgerechnet)
- Durchführen von Injektionen (Schmerzmittel, ggf Antibiotikum, ...)
Dazu kommen dann noch die Kosten für
- - Medikamente (Narkosemittel, Schmerzmittel, ..) und
- - Verbrauchsmaterial (Tupfer, Nahtmaterial, Skalpellklingen usw) <- kann einzeln abgerechnet werden, oder per Pauschale
Die Sache mit dem 1-3 fachen Satz gilt immer nur für die Leistungen, nicht für Material und Medikamente.
Welcher Satz gewählt wird, hängt vom „Ermessensspielraum“ des Tierarztes ab.
Hier wird suggeriert, dass die Höhe der Rechnung für
vergleichbare Eingriffe vom davon abhängt wieviel der TA abrechnen
möchte. Das ist teilweise richtig, aber eben nur teilweise.
Vorallem
bei operativen Eingriffen hängen die Kosten auch maßgeblich von der
gewählten Narkose (also den Preisen für das Narkosemittel und den unterschiedlichen Arbeitsschritten) ab. Den Satz mit denen er die Leistungen abrechnet
bestimmt ein Tierarzt zwar selbst, aber hier sollte man beachten,
dass die Entscheidung den 1,5-, 2- oder 3-fachen Satz abzurechnen bei
vielen Tierärzten ganz direkt damit zusammenhängt wieviel Zeit er
sich für einen Patienten nimmt und wieviel Geld er in moderne
Praxisausstattung investiert.
An dieser Stelle möchte ich etwas ausholen und die in einem Extrembeispiel aus der
Hundeschule verdeutlichen:
2 Halter wollten ihre Hündin
kastrieren lassen, da redet man in der Hundeschule auch über Preise.
Die Hunde waren vergleichbar groß und schwer. Der Halter der Hündin
"Lara", hatte einen Preis von knapp 100 Euro genannt
bekommen, während der Tierarzt der die Hündin "Anja"
operieren sollte den Haltern einen "Kostenvoranschlag" von
etwa 300 Euro genannt hatte.
Leicht zu erraten: schnell mischte
sich die halbe Hundeschule ein und die Kommentare bewegten sich frei
zwischen "Der Billigtierarzt nimmt bestimmt nen Holzhammer und
ein rostiges Küchenmesser." und "Der Teure ist doch ein
elender Abzocker."
BILD würde nun spekulieren "Ja das
ist doch glasklar! der eine rechnet den 1-fachen Satz ab, der andere
den 3 fachen!"
Wir von der Hundeschule baten statt zu
spekulieren lieber darum anschließend zu berichten.
Lara wurde am
Morgen des OP-Tages nüchtern in die Praxis gebracht. Dort bekam sie
nach der allgemeinen Untersuchung im Beisein der Besitzer die
Medikamente Ketamin und Xylazin in den Muskel gespritzt wodraufhin
sie im Verlauf von einigen Minuten einschlief. Dann begann die
Vorbereitung in Form des Rasieren des Bauches und anschließend die OP:
Ein ca 10cm langer Schnitt über dem rasierten Bäuchlein mit
einem chirurgischen Skalpell, es folgte die Ovariohysterektomie,
Blutungen wurden mit chirurgischem Nahtmaterial abgebunden und nach
dem Eingriff wurde zugenäht. Dann wurde sie in eine Box auf der
Station verfrachtet wo eine Tierarzthelferin regelmäßig nach ihr
schaute. Abends holten die Besitzer ihren noch reichlich besoffen
wirkenden Hund ab, der noch einen weiteren Tag lang ziemlich
zugedröhnt war.
Abgeheilt ist das Ganze in einem Zeitraum von
etwa 10 Tagen, nach 14 Tagen war Lara auf dem Hundeplatz wieder
dabei. Fäden waren gezogen, alles ok.
Anja hatte zwei
Termine:
Einen zur Voruntersuchung bei dem eine Blutuntersuchung
(Blutbild und Organwerte) gemacht wurde. Dann wurde noch eine
Vaginalzytologie gemacht um festzustellen ob sie auch wirklich den
optimalen, zeitlichen abstand zur Läufigkeit hatte. Außerdem wurden
Herz und Lunge abgehorcht und Zähne und Ohren kontrolliert um
abzuklären ob in der Narkose noch etwas mitgemacht werden müßte.
Am
Tag der OP wurde von ihren Menschen mittags nüchtern (sie durfte bis 12 Stunden vor der OP fressen) in die Praxis gebracht
(dort operierte man eben Mittags). Auf Nachfrage wann sie wieder
abzuholen sei hieß es "Wir rufen an, wenn sie wach ist, rechnen
sie mit 2-3 Stunden. Frauchen blieb mit einem Buch in der Praxis,
weil die Heimfahrt dann nicht lohnte und Herrchen durfte
zuschauen.
Anja bekam nach einer Allgemeinuntersuchung einen
Venenzugang gelegt und der Tierarzt bat den Halter nicht zu
erschrecken, denn Anja würde sobald er die Propofolspritze in ihre
Vene gepackt hatte wie tot zusammensacken und müsse dann schnell in
den Vorbereitungsraum gebracht werden, damit man die leicht
"blockierte" Atmung durch die Propofoldosis nutzen könne
um den Tubus zu schieben.
Genau das passierte auch und nachdem
der Tubus saß und sie an das Inhalationsnarkosegerät mit dem
Isofluran angeschlossen wurden war bekam sie ein Schmerzmittel
gespritzt (das hat Laras TA nicht aus Nachlässigkeit unterlassen,
sondern weil Ketamin eine hervoragende Schmerzausschaltung hat, was
bei Isofluran nicht der Fall ist).
Dann wurde der Bauch wie bei
Lara auch rasiert, desinfiziert und mit sterilen OP-Tüchern
abgedeckt. Anschließend wurden mit einem "Laserskalpell"
Einschnitte von wenigen cm gemacht um das Endoskop einzuführen. Weil
der Bauch dabei nicht großflächig aufgeschnitten wurde fand die
Sichtkontrolle über die OP auf dem Monitor statt, der neben dem
Überwachungsmonitor stand auf dem Anjas EKG und die Werte des
Pulsoximeters angezeigt wurden.
Blutungen wurden mit einem
bipolaren Kauter gestillt. Nach der OP gab es eine Naht der kleinen
Wunde und Anja wachte in den Armen einer Tierarzthelfern auf, was
eine gute halbe Stunde dauerte. Anja konnte selbstständig zum Auto
laufen und war nach wenigen Stunden ganz die Alte.
Anja war
bereits nach einer Woche wieder auf dem Hundeplatz.
Fazit:
Beide Hündinnen wurden mit zugelassenen Medikamenten und Techniken
operiert und beide haben den Eingriff gut überstanden.
Anders
war "nur":
1. Die Risikoabklärung bei Anja durch
- Blutuntersuchung, die z.B. Leber- oder Nierenprobleme aufgedeckt hätte.
- die Vaginalzytologie (zum falschen Zeitpunkt ist die Blutungsneigung beim Eingriff erhöht)
- das Abhorchen beim Vortermin, hier hätte ein Herzultraschall gefolgt, wenn es Auffälligkeiten gegeben hätte
2. die Möglichkeit auf
Komplikationen zu reagieren, denn:
- in eine Inhalationsnarkose kann man regulierend eingreifen, in eine Keta/Xyla-Narkose nicht
- Anjas Überwachung war moderner und umfangreicher
3. die
Minimierung der Wahrscheinlichkeit von Komplikationen durch
- eine verträglichere Narkose
- der Einsatz des gewebeschonenden Lasers
- weniger abzubauendes Nahtmaterial im Hund durch den Kauter
- ein deutlich kleinerer Schnitt durch die endoskopische Technik
- deutliche Verkürzung von Nachschlaf und Aufwachphase, sodass beides vollständig unter tierärztlicher Kontrolle in der Praxis erfolgen konnte und der Hund erst dann die Praxis verließ als Kreislauf und Thermoregulation wieder vollständig arbeiteten.
Anjas Besitzer zahlten also keineswegs das Dreifache, weil der Tierarzt für ein und die gleiche Leistung 3x soviel Geld verdienen wollte, sondern weil eine "Premiumleistung" eben auch bezahlt werden muss, in diesem Fall zahlten sie eben (gern übrigens) für zusätzliche Leistungen (Blutuntersuchung, Vaginalzytologie), "bessere" Medikamente (Isofluran und Propofol sind um ein vielfaches teurer als keta/Xyla) und Verbrauchsmaterialien, die Zeit des Tierarztes und die deutlich kostspieligere Praxisausstattung u.A. in Form des Narkosegerätes, Laser, Kauter, Narkoseüberwachung. Letztere kann bis auf wenige Ausnahmen (Narkoseüberwachung z.B.) nur über den Satz in die Rechnung einfließen.
Ob all diese Suggestionen gewollte Stimmungsmache sind oder einfach nur schlechter Recherche entspringen weiß nur die Bild selbst. Völlig unverzeihlich ist aber folgende Falschaussage:
Eine Rechnung muss er auch nicht schreiben.Eine derart saudumme Falschaussage erstaunt mich sogar bei der BILD.... Wie die darauf kommen, dass in einem Land in dem selbst ein Kioskbetreiber verpflichtet ist mir auf verlangen eine Rechnung/Quittung für einen Kaugummi auszustellen, ausgerechnet ein Tierarzt nicht nachweisen muss wann er wem wieviel für was berechnet ist mir völlig schleierhaft. Selbstverständlich muss ein Tierarzt eine Buchführung machen und nicht nur aufgrund der Berufsordnung sondern auch schon allein fürs Finanzamt aufführen wieviel er welchem Tierhalter für die Behandlung von Tier X berechnet und warum, Sprich: er muss die GOT Schlüssel zu seinen Leistungen dazu schreiben, ebenso muss er angewandte und abgegebene Medikamente und Materialien aufführen. Und selbstverständlich ist dem Kunden auf Verlangen auch eine Kopie davon mitzugeben.
Wie die BILD auf diese
Falschaussage kommt kann ich mir nur durch folgendes Mißverständnis
erklären:
Wenn man in einer Tierarztpraxis fragt ob man denn eine
Rechnung bekommt, dann wird das üblicherweise so verstanden, dass
man nicht sofort zahlen, sondern eine Rechnung mitnehmen und diese zu einem späteren Zeitpunkt begleichen möchte.
Einfach deswegen, weil eine Rechnung immer ein Schrieb über
eine noch ausstehende Zahlung ist. Das lehnen die meisten Praxen in der Tat (zumindest bei Neukunden) ab; oft erst nachdem sie durch horrende Ausstände lernen mußten wie
katastrophal die Zahlungsmoral von Tierhaltern sein kann.
Eine
aufgeschlüsselte Quittung nach erfolgter Zahlung muss ein Tierarzt
aber selbstverständlich jedem aushändigen der das verlangt.
Auch
wenn dieses Mißverständnis nicht unwahrscheinlich ist spricht es
über die Recherchearbeit Bände.
Eins noch zu dem eigentlichen
"Test" um den es sich im Artikel dreht: Ein Hund ist keine Waschmaschine. Man kann nicht
einfach sagen "Ist heile, wir testen mal Mechaniker." im
Gegensatz zu solch einer Maschine ist ein Hund eben sehr komplex und
ein guter Tierarzt weiß eben auch, dass er den Hundehalter ernst
nehmen muss, ehe er aufgrund des klinischen Bildes eine möglicher
Weise falsche Diagnose trifft.
Und nun beachte man noch
Folgendes:
Der Hund ist zwar gesund, aber wurde in den
Praxen mit den Worten: „Der juckt sich immer so am Ohr"
vorgestellt.
Ein Tierarzt kann nicht ahnen, dass dies ein
"Test" ist und muss davon ausgehen, dass der Hund sich tatsächlich an
die Öhrchen geht und das bedeutet eben auch das ein guter Tierarzt
solange sucht bis er die Ursache gefunden hat, denn kein Hund kratzt sich ohne
Grund an den Ohren.
• Praxis 1
Die Aussage: „Ins rechte Ohr gucke ich
nicht, das sieht bestimmt noch schlimmer aus.“
ist natürlich ersteinmal
schräg. Sie könnte aber auch bedeuten, dass der Hund bei der
Untersuchung unruhig war und die Hundehalterin das rechte Ohr als das
Schlimmere angegeben hat. In solchen Fällen ist es gar nicht
unüblich, dass man davon ausgeht, dass es schmerzhaft für den Hund
ist und dann reicht es manchen Tierärzten dem Hund einen Blick in
das weniger Schlimme zuzumuten, wenn das für die Diagnosestellung
ausreichend ist.
Warum der Tierarzt hier ein Pilzmittel für das
Richtige hielt, müsste man diesen
Tierarzt fragen.
• Praxis 2
Diese Tierärztin hat
zwar augenscheinlich richtig gearbeitet aber entweder hat sie den
Braten gerochen/wurde vorgewarnt, sie hat die Tierbesitzerin nicht ernst genommen (was für die Gesundheit des tieres und die Kundenbindung fatal sein kann) oder
hat großes Vertrauen darein, dass die Hundehalterin schon
wiederkommen wird, wenn doch was sein sollte (wie ja eigentlich behauptet wurde).
Aus Erfahrung
kann ich sagen, dass die meisten Tierbesitzer (oft zu Recht) unzufrieden sind, wenn
man auf "Der juckt sich immer an den Ohren" mit "Da
ist nur etwas Dreck drin" antwortet. Immerhin steht der Halter in der Praxis, weil der Hund sich auffallend viel an die Ohren
geht und das ist mit "bischen Dreck" in den Ohren
diagnostisch einfach nicht zu erklären, folglich würde ein
Hundehalter, der sich wirklich Sorgen macht, weil sein Hund sich
wirklich viel juckt sich zu Recht nicht ernstgenommen fühlen
•
Praxis 3
Die BILD schreibt zwar:
Der Tierarzt hat Probleme in Davids Ohren zu schauen, weil der Beagle auf dem Behandlungstisch zappelt. Genervt bricht der Veterinär die Untersuchung nach einer Minute ab und meint: „Wir müssen Ihren Hund in Vollnarkose versetzen, um die Ohren zu untersuchen. Bitte machen Sie einen neuen Termin.“
Für die fachunkundige Hundehalterin die ja weiss, dass sie
beim Vorgespräch gelogen hat, klingt das nach Abzocke, klar
doch.
Aber man versetze sich mal in den Tierarzt:
Ihm wird ein
Hund vorgestellt, der sich angeblich dolle an den Ohren juckt. Auf
dem Tisch zappelt der Hund und beim flüchtigen Reinschauen kann der
Tierarzt nichts gravierendes sehen. Dass er nichts sehen kann, weil der Hund gar
nichts hat und ihn die Halterin belogen hat kann er nicht wissen, er
muss davon ausgehen, dass der Hund zappelt, weil er hochgradig
schmerzhaft ist und das Problem tiefer liegt, es sich z.B. um einen
Fremdkörper tief im Ohr handelt.
Legt man diese Annahme zu Grunde
wäre es unnötiger Stress für alle Beteiligten ohne Narkose oder Sedation an den Ohren
rumzufummeln.
• Praxis 4
Mit einer Mini-Kamera bohrt sich die Tierärztin in Davids Ohren.
DAS nenn ich mal sachliche Berichterstattung ohne einen Anflug
von Stimmungsmache.
Gleiches Spiel: Halterin sagt Hund geht sich an die Ohren, Tierärztin sieht oberflächlich nischt und guckt tiefer.Um nu zu wissen wie falsch die Diagnose und das Antibiotikum wirklich war müßte man nun wissen wie gründlich die Öhrchen bei dem Termin in der Tierklinik untersucht worden sind und wie lange der Termin zurückliegt. Wurde da nur reingeschaut ? Wurde, wenn man schon Tierärzte testen will ein Abstrich untersucht (BU, Pilzkultur, Mikroskopie)?
• Praxis 5
Da ich Homöopathie/Esotherik ablehnend gegenüber stehe halt ich an dieser Stelle die Schnute.
Zurück bleiben ein verunsicherter Tierbesitzer
Meine Christallkugel verrät mir: Das wird durch solch unsachliche Artikel bestimmt
besser..
Besonders sauer stößt mir folgender Satz auf:
BILD am SONNTAG konfrontiert Dr. Astrid Behr vom Bundesverband praktizierender Tierärzte mit dem Testergebnis:Und nein, ich meine nicht das "Bild am Sonntag"
Viel eher frag ich mich warum die zum BPT rennen und dort "konfrontieren", statt die Tierärzte, denen sie Abzocke und Inkompetenz unterstellen um eine Stellungnahme zu bitten.
Irgendein kluger Geist sagte mal "Über Menschen zu reden ist leichter, mit ihnen zu reden ist effektiver." Da steckt eine Menge Wahrheit drin. Möglicherweise hätten die Antworten überascht.
„Ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Tierarzt ein Antibiotikum abgibt, wenn er nicht sicher ist, dass eine Infektion vorliegt. “
Da kann ich etwas Licht ins Dunkel bringen:
Jeder Tierarzt
wird sich wünschen, er könne vor der Gabe eines Antibiotikums
einen Abstrich machen und eine BU und ein Antibiogramm voranstellen.
Im Zweifelsfall würde man mit der Antibiose warten, bis man die
Ergebnisse hat im akuten Fall nimmt man das AB der Wahl und wechselt
es, wenn das Antibiogramm dies befiehlt.
Jeder junge Tierarzt
startet mit diesem Wissen in seine berufliche Laufbahn. Nachdem man
dann aber jahrelang nur die Fälle hatte die bestätigen, dass bei
Hunden (insbesondere mit schlappohrige Unterholzkriechwauwaus) die
sich an die Ohren gehen und bei denen man keinen Milbenbefall
erkennen kann in der Regel tatsächlich eine bakterielle
Ohrenentzündung vorliegt und Tierbesitzer sauer werden, wenn sie
einen Diagnosevorgang der nur eine Vermutung bestätigt bezahlen
müssen, dann kann es sich einbürgern, dass man das AB direkt gibt
um NICHT als Abzocker dazustehen.
WAS hätte die Bild denn
geschrieben, wenn eine Tupferprobe genommen wurde? Laborkosten..
dabei ist der Hund doch gesund... auch Abzocke?
Auch die Vollnarkose ist in diesem Zusammenhang abwegig.
Was ist daran abwegig? Einen Hund dessen Halter ein
Ohrenproblem schildert, dessen Ursache man oberflächlich aber nicht
erkennen kann unter Narkose zu untersuchen empfinde ich als ganz und gar nicht abwegig, denn es ist nicht so selten, dass ein Fremdkörper tiefer im Ohr Ärger macht und das Tier auf Grund dessen hochgradig schmerzhaft ist.
Der
Tierarzt weiß weder, dass der Hund gesund ist noch warum er zappelt
(vielleicht, weil er in kurzer Zeit schon beim 4. Tierarzt ist, der
in seine Ohren guckt?) und davon ausgehen muss, dass der Hund ein
tieferliegendes Problem hat, das ihm Schmerzen bereitet?
Hat die
BILD vielleicht beim BPT angefragt warum ein Tierarzt einen gesunden
Hund narkotisieren will ohne diese wunderbare Vorgeschichte zu
erwähnen?
"Ich weiß nicht, warum dieser Fall so unterschiedlich gewertet wurde.“
Ich schon. Mit das Schlimmste was in eine Tierarztpraxis kommen
kann sind Haut- und Ohrenprobleme.
Die Ursachen sind schon dann
oft schwer zu packen, wenn der Hund wirklich krank ist und wenn der
Halter über die Symptome auch noch lügt wirds noch
schwerer.
Zur Auswahl stehen u.A. lokale Auslöser wie Parasiten,
bakterielle Infektionen, Pilzinfektionen, Fremdkörper aber wenn man
dergleichen nichts findet kommen auch systemische Auslöser wie
Allergien oder Stoffwechselerkrankungen in Frage und zu guter Letzt
können solche Probleme auch psychisch sein. Will man das alles
ordentlich abklären ohne das geringste Risiko einer überflüssigen
Behandlung einzugehen, dann muss man bevor man irgendwas tut
Laboruntersuchungen in Kauf nehmen, die ganz schnell im dreistelligen
Bereich sind. Das begeistert die meisten Tierhalter, die doch
"einfach nur ihr Tier behandeln lassen wollen" aber so gar
nicht.
Die Tierärzte die an meine Tiere dürfen wissen alle,
dass wir grundsätzlich nicht wünschen, dass aus Kostengründen
halbgare Dinge gemacht werden. Folglich wandert da erstmal nen Tupfer
ins Ohr ehe auf Verdacht behandelt wird, wenn der Tierarzt nicht
aufgrund seiner Erfahrung sehr, sehr sicher ist mit seinem Verdacht
richtig zu liegen.
Am Sichersten ist es also dem Tierarzt
seines Vertrauen zu signalisieren, dass man für gute Arbeit auch
bereit ist gut zu bezahlen und einem TA dem man (noch ) nicht 100%ig
vertraut durch die Blume zu sagen, dass man schlechte Erfahrungen
gemacht hat und auch mal bereit ist eine zu hoch erscheinende
Rechnung bei der Tierärztekammer prüfen zu lassen. Außerdem ist es durchaus sinnvoll Interesse zu zeigen und sich erklären zu lassen was warum gemacht oder verabreicht wird.
Dr. Martin Schneidereit, Geschäftsführer vom
Bundesverband für Tiergesundheit, rät: „Rufen Sie vorher in der
Praxis an und fragen Sie, welche Kosten auf Sie zukommen.
Das ist zwar eine nette Idee, klappt aber häufig nur bei "Standardfällen", da sich am Telefon in der Regel gar nicht umfassend klären läßt welche Diagnostik- und Behandlungsverfahren von Nöten sind und welche Medikamente zur Anwendung kommen. Telefonisch kann man sich allenfalls eine sehr, sehr grobe Hausnummer nennen lassen, fragen nach welchem Satz üblicherweise abgerechnet wird und anmerken, dass man bei der Behandlung informiert werden möchte, wenn weitere Diagnoseverfahren usw einen zuvor genannten Betrag überschreiten.
Wie ich oben in dem
Anja-Lara-Beispiel veranschaulicht hab sollte man aber eben nicht nur
fragen wieviel man zahlt, sondern auch was man dafür bekommt.
Fazit:
Natürlich gibt es unter Tierärzten schwarze
Schafe, sowohl inkompetente, als auch solche, die zu Gunsten einer
höheren Rechnung Abstriche beim Wohl des Tieres machen (meiner
Erfahrung nach ist zweiteres aber wirklich extrem selten).
Aber
dieser Bildartikel ist Stimmungsmache mit Halbwahrheiten.
Angesichts solche Artikel sollte die Bild lieber bei altbewährtem bleiben:
Die prächtigen Smilies in diesem Beitrag stammen von Greensmilie.
Ps: mit Maggelchens Heilungsgeschichte geht es spätestens Sonntag weiter.
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